Modellprojekt Schulgesundheitsfachkräfte in Brandenburg offiziell begonnen

In einigen Ländern Europas gibt es Krankenpflegekräfte an öffentlichen Schulen – zum Teil mit Jahrzehnte langer Tradition. Deutschland gehört bislang nicht dazu. Der Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt (Oder), Martin Wilke, eröffnete heute mit einem Grußwort die Auftaktveranstaltung für das Modellprojekt „Schulgesundheitsfachkräfte an öffentlichen Schulen im Land Brandenburg“. Damit ist ein Anfang gemacht, um ein Zusatzangebot der gesundheitlichen Versorgung und präventiver gesundheitsbezogener Maßnahmen im Schulalltag zu erproben. Seit Beginn des 2. Schulhalbjahres 2016/17 sind nun zehn Schulgesundheitsfachkräfte an 20 Schulen in Brandenburg im Einsatz. Sie werden in den kommenden zwei Jahren Erste Hilfe bei Verletzungen leisten, aber auch präventiv in der Gesundheitsvorsorge wirken oder bei chronischen Erkrankungen Eltern und Lehrerschaft unterstützen. Insgesamt betreuen sie mehr als 7000 Schülerinnen und Schüler in Landkreisen und kreisfreien Städten.

Träger des Modellprojektes „Schulgesundheitsfachkräfte an öffentlichen Schulen im Land Brandenburg“ ist der AWO Bezirksverband Potsdam e.V.. Kooperationspartner sind das brandenburgische Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie, das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport, die AOK Nordost – Die Gesundheitskasse und die Unfallkasse Brandenburg.

Rund 70 Gäste aus Politik und Verwaltung, den beteiligten Schulen sowie der Gesundheitsbranche und dem Bildungsbereich besuchten die Auftaktveranstaltung in der Lenné-Grundschule in Frankfurt (Oder), auf der unter anderem Brandenburgs Bildungsminister Günter Baaske und Gesundheitsministerin Diana Golze Grußworte sprachen.

Neben Fachbeiträgen gab es auch erste Eindrücke von der Praxisarbeit an den Schulen. So berichteten auf der Auftaktveranstaltung die zehn Schulgesundheitsfachkräfte – examinierte Krankenschwestern und -pfleger mit jahrelanger Berufserfahrung – über ihre Erwartungen an die neue berufliche Aufgabe. Außerdem zogen Gäste aus Dänemark eine Bilanz ihrer langjährigen Erfahrung mit „Schulkrankenschwestern“.

Dem Einsatz der Schulgesundheitsfachkräfte liegt der durch Studien vielfach belegte Gedanke zugrunde, dass es einen Zusammenhang zwischen dem gesunden Aufwachsen von Kindern und ihrem Bildungserfolg gibt. So schmälern etwa Armut und damit verbundene ungesunde Ernährung die Chancen auf eine gute Bildung.

Für die Projektphase wurden vom Ministerium für Bildung, Jugend und Sport im Land Brandenburg Grund- und Oberschulen sowie ein Oberstufenzentrum in mehreren Landkreisen und kreisfreien Städten ausgewählt. Das Modellprojekt läuft bis Oktober 2018. Partnerland ist Hessen, wo der Einsatz von Schulgesundheitsfachkräften ebenfalls und in enger Abstimmung mit Brandenburg erprobt wird. Die Berliner Charité wertet die Tätigkeit der Fachkräfte ab März 2017 im Rahmen einer umfangreichen Evaluation aus. Danach soll klar sein, ob Schulgesundheitsfachkräfte an den öffentlichen Schulen im Regelbetrieb eingesetzt werden sollten und welche Aufgaben sie wahrnehmen können.

Günter Baaske, MBJS Brandenburg:

„Im Schulalltag kümmern sich heute häufig Lehrerinnen und Lehrer um gesundheitliche Probleme der Kinder. Dies können an diesen Schulen nun ausgebildete Fachkräfte übernehmen. Damit entlasten wir die Lehrkräfte, fördern die Gesundheit von Schülerinnen und Schülern und geben auch den Eltern ein Stück Sicherheit, dass ihre Kinder in der Schule gut versorgt sind. Ich wünsche dem Modellprojekt viel Erfolg und würde mich freuen, wenn wir es in Zukunft an weiteren Schulen einführen können.“

Diana Golze, MASGF Brandenburg:

„Kinder lernen am besten, wenn sie gesund und fit sind. Unabhängig von der Einkommens- und Lebenssituation der Eltern hat jedes Kind das Recht auf ein gesundes Aufwachsen, bestmögliche Förderung und damit Aussicht auf eine erfolgreiche Bildungslaufbahn. Studien zeigen aber, dass sich Armut und soziale Benachteiligung sowohl auf die allgemeine als auch auf die gesundheitliche Entwicklung im Kindes- und Jugendalter auswirken. Dazu gehören zum Beispiel Sprach- und Sprechstörungen, Adipositas, mangelnde Konzentrationsfähigkeit oder Wahrnehmungs- und Koordinierungsstörungen. In Brandenburg sind 22 Prozent der Kinder und Jugendlichen armutsgefährdet. Die Schulgesundheitsfachkräfte tragen den Gesundheitsaspekt in die Schulen und können dort alle Kinder direkt ansprechen. Sie leisten damit einen aktiven Beitrag zu mehr Teilhabegerechtigkeit.“

Frank Michalak, Vorstandsvorsitzender der AOK Nordost – Die Gesundheitskasse:

„Mit den Schulgesundheitsfachkräften unterstützen wir als AOK Nordost maßgeblich ein Modellprojekt, das die im Ausland bekannte Idee der Schulkrankenschwester nach Brandenburg holt. Die Fachkräfte sollen dem Thema Gesundheit in den Schulen ein Gesicht geben. Wie Schüler gesundheitlich, aber auch hinsichtlich ihres Bildungserfolges profitieren können und ob der Einsatz der Schulkrankenschwestern im Land künftig die Regel sein kann, soll mit dem Modellprojekt herausgefunden werden.“

Claus Heuberger, Vorstandsvorsitzender der Unfallkasse Brandenburg:

„Schulen müssen zukünftig verstärkt einen ganzheitlichen Ansatz schulischer Prävention und Gesundheitsförderung verfolgen. Die Schulgesundheitsfachkräfte unterstützen die Schulen, indem sie bewährte und qualitätsgesicherte Projekte zur Gesundheitsförderung und primären Prävention initiieren und koordinieren. Auf dem Weg, präventive Maßnahmen gemeinsam mit anderen Partnern, insbesondere mit Krankenkassen und Ministerien, umzusetzen, sind wir im Land Brandenburg mit dem Projekt Schulgesundheitsfachkräfte einen großen Schritt vorangekommen.“

Angela Basekow, Vorstandsvorsitzende AWO Bezirksverband Potsdam:

„Eine von der AWO ab 2012 durchgeführte Machbarkeitsstudie ergab, dass es einen großen Bedarf an Gesundheitsfachkräften an den öffentlichen Schulen gibt. Jetzt haben wir die Chance, die Wirkung von Schulgesundheitsfachkräften auch in der Praxis zu testen. Sie verstärken die multiprofessionellen Teams im Lebensraum Schule und unterstützen Lehrer, Kinder und Eltern mit dem Ziel, bei den gesundheitlichen Anforderungen im Alltag der Schule die Kinder individuell zu unterstützen. Wir wollen zudem prüfen, ob damit ein neuer familienfreundlicher Beruf etabliert werden kann.“

Weitere Informationen finden Sie hier bei der AWO Potsdam.